The Big Apple & Blueberries

Truck in the City!

24.05.2008 – 07.06.2008

USA: DIE OSTKÜSTE, TEIL 5

Auf dem Weg gen Norden können wir es uns nicht nehmen lassen, auch ein Stück vom „Big Apple“ abzubeißen. New York, the city that never sleeps. Wir sind da! Und wie!

Bekanntermaßen kommt es ja nicht auf die Größe an, oder?

Männer und Autos sind ja schon immer so ein Thema. Je größer das Auto, desto „größer“ der Mann, sagt man(n). Nun ist unser Auto 3,6 m hoch, 2,4 m breit und 7 m lang. Sollte reichen, denkt man(n), und in diesem Fall auch frau. Manchmal macht es aber eben doch einen Unterschied, ob man 15 cm mehr hat oder nicht (in diesem Fall der Frau egal).
Also: wir fahren mit einem LKW nach New York City. Nach unzähligen passierten Brücken ist unser Auge geschult, diese kleinen unauffälligen Schildchen am Straßenrand zu erspähen, auf denen die maximale Höhe angegeben wird. Nun gut. Ist ja auch nicht sehr schwer. Ein bisschen Übung und die Angst, der erste Mensch mit Cabrio-Wohnmobil zu sein, helfen. Wir entscheiden uns, dass es (abgesehen vom Seeweg) nur einen „echten“ Weg nach New York City gibt: über die Brooklyn Bridge. Also, auf geht’s. Wir scannen den Straßenrand ab, kein Schild warnt uns. Dann kann es ja losgehen. Ähnlich wie bei Autobahnauffahrten geht es über eine lange, lange Kurve auf die Brooklyn Bridge. Oben angekommen, ein sensationeller Blick auf die Stadt. Jetzt sind wir gleich da. Zurück geht es eh nicht mehr. Sensationeller Blick? Nein. Panik, Schweiß. Da steht es dann endlich, dieses Warnschild: 11 feet. Wir sind 11,5 feet hoch! Das sind schlappe 15,24 cm Unterschied. Ein halbes Schullineal. Was machen? Zurück geht es nicht mehr. Hilft alles nichts, da müssen wir jetzt durch bzw. drüber. Im Schneckentempo nähern wir uns dem ersten Stahlträger. Brillen gerade rücken. Ja, passt. Au, knapp ist‘s schon. Wird schon gehen, oder? Der erste passt, aber bis zum Horizont am anderen Ende der Brücke kommen noch Hunderte dieser Träger, und die Straße ist so holperig, dass Knut munter auf- und abhüpft. Kurz bricht Panik im Auto aus, aber nach genau 1.833,68 m sind wir drüber und wir haben keinen Cabrioaufbau.

Über die Stadt gäbe es viel zu sagen, doch machen wir es kurz: groß, hohe Häuser, viel Verkehr und viele Menschen und einfach immer wieder faszinierend! Schnell finden wir einen so genannten „open lot“-Parkplatz, parken Knut und fertig. Dank eines Fehlers seitens des Parkplatzwächters werden wir am Ende nur ein Fünftel des üblichen Tarifs zahlen müssen. Wie gerne hätte Tina, hätte sie das vorher gewusst, das gesparte Geld in Schuhe investiert. Da wir ein Jahr zuvor bereits hier waren und das komplette Sightseeing-Programm durchlaufen haben, beschließen wir, es ruhig und gemächlich angehen zu lassen. Wir machen uns vier entspannte Tage, laufen durch Häuserschluchten, gehen in den einen oder anderen (Schuh-)Laden, den Central Park und besuchen nur ein Museum.

Boston und warum Reisen auch mal müde macht

Boston/Massachusetts wurde 1630 John Winthorpe gegründet und war bis zur Boston Tea Party die wichtigste Stadt der ehemals 13 englischen Kolonien in der Neuen Welt. Die Boston Tea Party war ein Akt zivilen Ungehorsams: am 16. Dezember 1773 drangen symbolisch als Indianer verkleidete Bostoner Bürger in den Hafen ein und warfen Tee Ladungen der englischen East-India-Trading-Company von drei dort vor Anker liegenden Schiffen ins Hafenbecken. Dieser zivile Ungehorsam war nicht der direkte Auslöser, jedoch führte die weitere Eskalation des Konfliktes ab April 1775 zum Ausbruch des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges.

Von New York City nach Boston ist es nur ein Katzensprung, ein amerikanischer Katzensprung: fünf Stunden Autofahrt, inkl. 45 Minuten Stau (unser erster großer Stau). Bemerkenswert an diesem Stau ist die Tatsache, dass die Stadt Boston und der Staat Massachusetts zwischen 1982 (Beginn der Planung) und 2004 (Fertigstellung des ersten Bauabschnitts) 14,6 Milliarden Dollar in die Untertunnelung („The Big Dig“, die Tieferlegung der zentralen Stadtautobahn, verbunden mit einer neuen unterirdischen Querung des Charles River, war eines der aufwändigsten Tiefbauprojekte der Welt) der städtischen Autobahnen investierten, um somit den Verkehrsfluss zu erhöhen und zu verbessern. Nun, wenn die Straße dann von einer dreispurigen auf eine einspurige Zufahrtstraße reduziert wird und sich die Fahrzeuge kilometerweit auf dem Standstreifen stauen, fragt man sich doch, ob sich die Investition wirklich gelohnt hat.

Eigentlich haben wir für Boston nur zwei Tage eingeplant, aber dann sind es doch sieben geworden. Auf Anhieb verlieben wir uns in diese Stadt. Irgendwie haben wir das Gefühl, angekommen zu sein. Seitdem wir am 15. April in Halifax/Kanada losgefahren sind, haben wir etwas mehr als 9.000 km in knapp sechs Wochen zurückgelegt. Unser Sitzfleisch haben wir über Gemüt beansprucht, der Gasfuß ist ausgeleiert, und die Augen sind müde vom vielen Schauen. Am nächsten Morgen stehen wir einfach nicht auf. Wir sind todmüde und erschöpft. Das Tempo die letzten Wochen ist hoch, sehr hoch gewesenund hat seinen Tribut gefordert. So können wir nicht weitermachen, sonst sind wir nach diesem Jahr reif für die Reha. Und das war ja irgendwie nicht das Ziel unseres Ausfluges. Für zwei Tage verlassen wir das Hotel nicht und schlafen, lesen, essen, schlafen und, in kurzen Schüben von Fitness, schreiben wir ein paar Emails. Das war es dann auch.
Zitate aus unserem handschriftlichen Tagebuch: „29. Mai: wir schlafen bis 12:30 Uhr, sind fix und fertig…“. „30. Mai: schlafen wieder bis Mittag, tut so gut“. „31. Mai: sind schon gegen 12:00 Uhr aus dem Hotel (bemerkenswert)“. „1. Juni: heute wachen wir schon früher auf, 10:30 Uhr“. „2. Juni: heute schlafen wir noch einmal aus, scheinbar brauchen wir es…“. „3. Juni: heute schaffen wir es, früher aus den Federn zu kommen und sind um 12:00 Uhr im Museum…“. „4. Juni: um 9.45 Uhr sitzen wir im Auto Richtung Norden“.

Am dritten Tag, inzwischen können wir wieder ohne größere Anstrengungen unsere Nachnamen buchstabieren, machen wir die ersten Schritte durch die Stadt. Mit der „Boston Duck Tour“ genießen wir eine Stadtrundfahrt (zu Land und zu Wasser) und gewinnen einen guten Überblick. Die „Enten“ sind allesamt amphibische Fahrzeuge aus dem 2. Weltkrieg; allein beim D-Day am 6. Juni 1942 in der Normandie wurden ca. 700 dieser Fahrzeuge verwendet, um die Truppen anzulanden. Es ist ein lustiges Gefühl, mit diesen „Enten“ auf einmal über eine Rampe ins Wasser zu rollen und dann im Charles River Basin herumzuschippern. Da die Touren am Science Museum starten, nutzen wir die Möglichkeit und schauen uns nach der Tour (inzwischen schüttet es wie aus Kübeln) gleich zwei IMAX-Filme an. Einmal ein spannender Ausflug über den Grand Canyon, das andere Mal eine sagenhafte Reportage über die Alpen und eine Besteigung der Eiger-Nordwand,. Man fährt so weit und schaut sich Filme über die Heimat an? Ja!

Die nächsten beiden Tage spazieren wir durch den Stadtteil Beacon Hill (hier wohnt unter anderem John Kerry, der wohl bekannteste Verlierer einer Präsidentenwahl in den USA), durch Charles Street, den Botanischen Garten, schauen das ein oder andere an und legen uns nachmittags im Park in die Sonne. Wir erkunden das „North End“, den Stadtteil, in dem das heutige Boston seinen Ursprung hatte und heute „Little Italy“ beheimatet. In einer typisch italienischen Sportbar trinken wir seit Wochen mal wieder einen richtigen Espresso. Himmlisch! Auch dem Museum of Fine Arts statten wir eine Besuch ab. Es ist ein Genuss, in einem der führenden Museen der USA durch die Epochen zu schlendern: Ägyptische Mumien, Impressionisten, Griechen, Römer, Etrusker etc. Das Museum hat genau die richtige Größe, um nicht erdrückend zu wirken.

Nach sieben Tagen in Boston haben wir viel gesehen. Nun könnte man argumentieren, dass das alles auch in zwei Tagen möglich gewesen wäre. Sicher. Aber uns haben die Pause und das gemütliche Sightseeing-Programm gut getan. Erholt und wieder voller Tatendrang geht es nun Richtung Norden in den Bundesstaat Maine, dem letzten vor Kanada.

Unterwegs durchqueren wir noch den Bundesstaat New Hampshire. Auffallend sind hier die Nummernschilder. In Florida steht darauf „The Sunshine State“, in New York „The Empire State“, aber in New Hampshire ist die Aussage schon ein bisschen martialischer: „Live free or die“! Nach all den Beschneidungen der Bürgerrechte seit 9/11 müsste der Staat eigentlich menschenleer sein…

Maine und warum es sogar bei McDonald‘s Hummer gibt

Nachdem wir auf unserer Reise die amerikanische Ostküste den am dichtesten besiedelten Teil (geschätzte 40% von insgesamt ca. 260 Mio. Einwohnern) der Staaten durchfahren haben, freuen wir uns auf das einsamere Maine und wieder auf schöne Natur. Das waren jetzt erst mal genügend Großstädte.

Bis Brunswick/Maine fahren wir noch auf der Interstate 95 und von dort an nur noch über den kleinen Highway 1 oder noch kleinere Nebenstraßen. Es tut so gut, durch Wälder zu fahren, frisches Grün zu sehen, den Duft von Meeresbrisen und frischem Hummer zu genießen. Keine zwei Stunden von Boston entfernt ist man in einer anderen Welt. Alles ist hier ein bisschen langsamer, beschaulicher und kleiner. Wir fahren auf dem US 1 der Küste entlang, passieren kleine Fischerdörfer und erleben eine Explosion von Grün (hier fängt der Frühling jetzt erst an). Oft bleiben wir am Straßenrand stehen und erfreuen uns an der sagenhaften Aussicht über zerklüftete Küsten auf den rauen Atlantik.

Weiter geht‘s! Am Popham Beach State Park legen wir die nächste Pause ein und spazieren an einem fast menschenleeren Strand entlang. Es weht ein eiskalter Wind, und wir frieren wie die Schneider. Beeindruckend hier sind die enormen Tidenhübe. In Nova Scotia/Kanada an der Bay of Fundy soll es die höchsten der Welt geben, mit bis zu 16 Metern! Aber bis dahin ist es noch ein bisschen.

Wir fahren an diesem Tag noch bis zu dem kleinem Städtchen Wiscasset und steigen 16 km außerhalb, mitten im Wald, in einem kleinen Bed & Breakfast ab. Das „Squire Tarbox Inn“ hat 6 Zimmer, ist in einem ca. 200 Jahre alten Gebäude untergebracht und gehört einem Schweizer Ehepaar. Die beiden haben knapp 35 Jahre in NYC gelebt, er hat als Koch gearbeitet, sie als Stewardess. 2002 haben sich die beiden hier, weit weg von jeglichem Großstadttrubel, selbständig gemacht. Es ist herrlich (abgesehen von den Moskitos) und wir genießen Züricher Geschnetzeltes, Spätzle und eine gute Flasche Dole.

Lange überlegen wir am nächsten Morgen, ob wir weiter fahren oder lieber noch eine Nacht bleiben. Es ist so schön. Aber wir fahren, es werden ja sicher noch viele schöne Orte kommen. Im Städtchen Wiscasset bummeln wir ein bisschen durch die Straßen mit seinen herrlichen alten Häusern, kaufen bei „Treats“, einem ganz besonderen Lebensmittelladen, ein paar Sandwiches und sind bald wieder on the road auf der US 1.

In Rockport fahren wir in den winzigen Hafen und lernen den Ex-Soldaten Peter kennen. Nach über 10 Jahren Army (in Augsburg) hat er hier in der Rockfort Marine, einer Werft spezialisiert auf Restaurierung von alten Schiffen und Nachbauten alter Schiffe aus dem 16. und 17. Jahrhundert, seinen Traumjob gefunden. Begeistert erzählt er uns von einem Nachbau eines Kleinseglers aus dem 16. Jahrhundert, an dem er gerade arbeitet. Er lädt uns ein, die kleine Werft zu besichtigen, und wir dürfen sogar auf ein um das im Bau befindliche Schiff aufgebautes Gerüst klettern und zuschauen. Rockport ist eine Maine-Idylle wie aus dem Bilderbuch. Kleine Kirchen, Corner Shops, Cafes mit Leckereien aus der Region und Hummer. In Maine gibt es Hummer wie in Deutschland Bratwürstchen.

Gerade als wir wieder ins Auto steigen wollen, kommt ein mittelalter Herr, Typ „Börsenguru macht Urlaub im Resort und geht nie raus, könnte ja gefährlich sein“ auf uns zu und fragt, was wir den hier so machen. Wir erzählen von unserer Reise und unseren Plänen. Und wie man sich täuschen kann. Dieser vermeintliche Börsenguru (was er wahrscheinlich nicht ist) bereitet gerade für sich und seine Familie (Frau und zwei Kinder) einen zweijährigen Segeltörn vor. Ihr Plan ist, ab Oktober 2009 in zwei Jahren die Welt zu umsegeln; die Kinder werden aus der Schule genommen und von den Eltern ausgebildet. Wir sind baff. An unserer Menschenkenntnis müssen wir arbeiten. Für all jene, die sich jetzt Sorgen machen, dass wir Ähnliches planen: keine Sorge!

Kurz zu den erwähnten Hummern: In Maine werden so viele Hummer gefangen, dass man überall, auch im kleinsten und unscheinbarsten Restaurant, Hummer bekommt. Ein normaler Hummer, gekocht, kostet hier nirgends mehr als $20 (€ 12). Für € 12 bekommen wir daheim nicht mal einen Teller Nudeln mit einem winzigen Stückchen (und dann auch noch tiefgefrorenen) Hummer. Und: hier gibt es so viel Hummer, dass sogar McDonald‘s Hummerröllchen anbietet. Fine Dining at McDonald‘s. Unglaublich.

Herrliche Aussichten, Blaubeeren und wir kommen nach Kanada

Von Rockport bis Camden ist es nicht weit. Die kurzen Etappen sind Balsam für unsere Seelen (und unser Sitzfleisch). Camden ist, ähnlich wie Rockport, ein nicht allzu großes Fischerstädtchen. Touristisch etwas mehr erschlossen, aber immer noch sehr beschaulich. Im Sommer kann man von hier herrliche Windjammertörns entlang der Küste unternehmen. Aber eben erst im Sommer; Juni ist hier noch Frühling, und so bestaunen wir nur einige der stolzen Windjammer im Hafen. Ein paar Kilometer nördlich von Camden liegt der Camden Hill State Park mit seinem 500 m hohen Mount Battie, von dem sich ein sagenhafter Blick über Camden, die Küste und die unzähligen vorgelagerten Inseln bietet.

Ein Stückchen weiter auf der US 1 erreicht man etwas fast Einzigartiges auf der Welt: eine riesige Brücke über den Penobscot River. Das Besondere an dieser Brücke ist, dass es in einem der beiden Brückenpfeiler in 128 m Höhe eine dreistöckige Aussichtsplattform gibt. Eine solche Aussichtsplattform gibt es sonst nur noch zweimal auf der Welt: in Thailand und der Slowakei. Gebührend stolz wird einem dieses „Wunder“ präsentiert. In 50 Sekunden katapultiert einen der Lift nach oben. Es bietet sich eine sagenhafte Aussicht. Auf unsere Frage, ob es denn auch eine Treppe gäbe, wird uns mitgeteilt, dass diese nur in Notfällen (wie Feuer) zu benutzen sei. Der oben auf der Aussichtsplattform stationierte Wächter habe die Stufen nach unten auch schon oft genommen und er habe 20 Minuten dazu benötigt. Da darf das Feuer aber nur langsam brennen, und im Notfall sollte man es nicht eilig haben….

Den nächsten Tag verbringen wir im Acadia Nationalpark. Wir haben noch nie etwas über diesen Park gehört, aber er ist mit ca. 2,5 Mio. Besuchern pro Jahr der am zweithäufigsten besuchte Nationalpark der USA. Das erste Mal auf dieser Reise packen wir unsere Wanderschuhe aus. Wir machen uns zu einer einstündigen Wanderung oberhalb einer rauen, vom tosenden Atlantik umgebenen Steilküste auf und stellen fest, dass ein Großteil unserer Fitness irgendwo zwischen Florida und hier verloren gegangen ist. Stellenweise kann man direkt an die bis zu 30 m hohen Klippen gehen und hoffen, nicht von einer Windböe weggeblasen zu werden.

Die Erkundung des Nationalparks wird einem dank einer 27 Meilen langen Rundstrecke (Loop Road) sehr leicht gemacht. In der Mitte des Parks ragt der 467 m hohe Cadillac Mountain (hat nichts mit dem Autohersteller, sondern mit einem Indianerstamm gleichen Namens zu tun) in den Himmel. Eigentlich wollten wir ja auch diesen besteigen, aber bei nur knapp 7°C nehmen wir lieber die Straße (in Knut) und schalten die Sitzheizung an. DerCadillac Mountain ist der Punkt der USA, von dem man als erstes die aufgehende Sonne erblicken kann (die Stadt Lubec, etwas nördlicher, behauptet jedoch das gleiche, aber mit dem kleinen Unterschied, die erste Stadt der USA zu sein, von der man den Sonnenaufgang sehen kann). Der 360°-Ausblick ist umwerfend, und wären wir nicht fast erfroren, würden wir wohl immer noch dort oben stehen. Am Jordan Pond, einem kristallklaren Bergsee, stehen zwei Berge mit dem Spitznamen „The Bubbles“. Um ehrlich zu sein, schauen diese beiden Berge eher wie zwei wohlgeformte Jungfrauenbrüste aus. Aber ein Spitzname wie z. B. „The Titties“ wäre in den USA wohl eher undenkbar.

Gut ausgeschlafen geht es am nächsten Tag Richtung kanadische Grenze. Nach unserer Erfahrung an der amerikanischen Grenze planen wir lieber ein bisschen mehr Zeit ein. Auf dem Weg dorthin machen wir einen kleinen Umweg über Cherryfield, der „Blueberry Capital of the World“. 40% aller Blaubeeren weltweit kommen aus dieser Gegend, und es ist herrlich, durch die riesigen Felder wilder Blaubeeren zu fahren. Etwas nervig sind die Millionen von Bienen, die eine flächendeckende Befruchtung jeder möglichen Blüte gewährleisten sollen. Ein weiterer Abstecher führt uns zum östlichsten Punkt der USA im Quoddy Head State Park. Ein kleiner Leuchtturm weist Schiffen den Weg. Als wir dort ankommen, macht diesen Job ein ohrenbetäubend lautes Nebelhorn (klingt wie das Grunzen eines Elefanten, nur eben 1000mal lauter).

Um 17 Uhr, nach genau 9.606 bisher gefahrenen Kilometern ist es so weit. Wir stehen an der Grenze zu Kanada. Zeit haben wir genügend eingeplant, und mit dem Übertritt der Grenze muss man ja auch die Uhr wieder eine Stunde nach vorne stellen. Nun gut, auf alles vorbereitet, fahren wir an das Grenzhäuschen. Erstaunlich: nach ein paar Fragen bekommen wir unsere Papiere wieder und dürfen einfach hinüber fahren. Das hat keine 90 Sekunden gedauert! Ungläubig, ob wir vielleicht etwas falsch verstanden haben, schauen wir uns an und fahren nach Kanada. Kurz hinter der Grenze bleiben wir, immer noch ungläubig, stehen und schauen in den Pässen nach, ob wir denn einen Stempel bekommen haben. Wir blättern vor und zurück. Kein Stempel. Mist! Also, zu Fuß zurück zur Grenze, fragen, ob das so normal sei. Ja, das ist so normal. Bei unserer letzten Einreise nach Kanada haben wir einen Stempel bekommen und damit die Erlaubnis, bis zu sechs Monate zu bleiben. Unser Visum ist somit noch bis Ende September gültig. Sollte reichen. Erleichtert spazieren wir zum Auto und sind glücklich und irgendwie erleichtert, wieder am eigentlichen Startpunkt unserer Reise zu sein.

 

LEAVE A COMMENT