Southernmost

Vom Osten in den Süden!

21.04.2008 – 04.05.2008

USA: DIE OSTKÜSTE, TEIL 2

Raleigh/North Carolina am 21. April 2008, 9:15 Uhr: Das Wetter ist gut, und wir brechen zu unserer letzten Mammut-Etappe Richtung Florida auf. F-L-O-R-I-D-A, unser erstes großes, wenn auch ursprünglich ungeplantes, Zwischenziel. Bald haben wir es geschafft. Uns liegt schon fast ein leises „Theme from Miami Vice“ von Jan Hammer in den Ohren (der Song schaffte es damals sogar auf Platz 1 der US-Singlecharts). Nur noch kurz durch South Carolina und Georgia rauschen und geschafft!

Der große Moment ist Punkt 16:52 Uhr gekommen – wir passieren die Grenze nach Florida. Unser Plan ist nun eigentlich sehr einfach: Wir wollen auf dem schnellsten Weg nach Jacksonville/FL, dort gemütlich ein Glas Wein trinken und die Füße hochlegen. Nur leider ist Jacksonville nicht so idyllisch, wie wir es uns vorgestellt haben. Wir fahren den Highway A1A am Meer und endlosen Hotelburgen entlang und haben das beklemmende Gefühl: das kennen wir irgendwo her. Als wir die erste Gruppe testosteron-, amphetamin- und alkoholgeladener jugendlicher Halbstarker passieren, erinnern wir uns. Da war doch was. Ah ja, genau, der gute alte Ballermann auf Mallorca, „Deutschlands 17. Bundesland“ – das hätten einige wohl gerne. Auf der Startseite unserer Homepage steht folgendes Zitat: „Der Sinn des Reisens besteht darin, die Vorstellungen mit der Wirklichkeit auszugleichen, und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten, sie so zu sehen, wie sie sind.“ Hier stimmen unsere Vorstellungen und die von uns wahrgenommene Wirklichkeit nicht überein. Wir beschließen kurzer Hand, Jacksonville hinter uns zu lassen.

0006Erwartungsvoll fahren wir weiter Richtung St. Augustine. Über St. Augustine sagt unser Reiseführer, es sei die älteste ständige europäische Ansiedlung in den USA, die zu besichtigenden alten Gemäuer seien „echt alt“ und nicht der Phantasie eines begnadeten Traumwelterschaffers entsprungen. Weil der Highway A1A außerhalb Jacksonvilles so schön am Meer entlang geht, fahren wir nicht auf den Interstate 95 zurück, sondern bleiben auf dem kleineren, malerischeren Highway A1A. Bis dieser auf einmal aufhört. Weg ist er. Komisch. Karten werden gewälzt, das Navi neu gestartet. Auf den Karten und im Navi ist der A1A aber noch. Es stellt sich schnell heraus, dass wir das Schild „A1A – Ferry“ übersehen haben. Wir müssen also auf die Fähre. Hoffentlich nehmen die uns mit so einem großen Auto überhaupt mit. Kein Problem, teilt uns der nette Fährkapitän mit, nur in der Mitte müssten wir stehen, nicht dass die Fähre kentert. Nach einer kurzen Überfahrt über den Intercostal Waterway ist auch die A1A wieder da, und gegen 20 Uhr erreichen wir todmüde St. Augustine.

Raleigh/North Carolina am 21. April 2008, 9:15 Uhr: Das Wetter ist gut, und wir brechen zu unserer letzten Mammut-Etappe Richtung Florida auf. F-L-O-R-I-D-A, unser erstes großes, wenn auch ursprünglich ungeplantes, Zwischenziel. Bald haben wir es geschafft. Uns liegt schon fast ein leises „Theme from Miami Vice“ von Jan Hammer in den Ohren (der Song schaffte es damals sogar auf Platz 1 der US-Singlecharts). Nur noch kurz durch South Carolina und Georgia rauschen und geschafft!

Der große Moment ist Punkt 16:52 Uhr gekommen – wir passieren die Grenze nach Florida. Unser Plan ist nun eigentlich sehr einfach: Wir wollen auf dem schnellsten Weg nach Jacksonville/FL, dort gemütlich ein Glas Wein trinken und die Füße hochlegen. Nur leider ist Jacksonville nicht so idyllisch, wie wir es uns vorgestellt haben. Wir fahren den Highway A1A am Meer und endlosen Hotelburgen entlang und haben das beklemmende Gefühl: das kennen wir irgendwo her. Als wir die erste Gruppe testosteron-, amphetamin- und alkoholgeladener jugendlicher Halbstarker passieren, erinnern wir uns. Da war doch was. Ah ja, genau, der gute alte Ballermann auf Mallorca, „Deutschlands 17. Bundesland“ – das hätten einige wohl gerne. Auf der Startseite unserer Homepage steht folgendes Zitat: „Der Sinn des Reisens besteht darin, die Vorstellungen mit der Wirklichkeit auszugleichen, und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten, sie so zu sehen, wie sie sind.“ Hier stimmen unsere Vorstellungen und die von uns wahrgenommene Wirklichkeit nicht überein. Wir beschließen kurzer Hand, Jacksonville hinter uns zu lassen.

Erwartungsvoll fahren wir weiter Richtung St. Augustine. Über St. Augustine sagt unser Reiseführer, es sei die älteste ständige europäische Ansiedlung in den USA, die zu besichtigenden alten Gemäuer seien „echt alt“ und nicht der Phantasie eines begnadeten Traumwelterschaffers entsprungen. Weil der Highway A1A außerhalb Jacksonvilles so schön am Meer entlang geht, fahren wir nicht auf den Interstate 95 zurück, sondern bleiben auf dem kleineren, malerischeren Highway A1A. Bis dieser auf einmal aufhört. Weg ist er. Komisch. Karten werden gewälzt, das Navi neu gestartet. Auf den Karten und im Navi ist der A1A aber noch. Es stellt sich schnell heraus, dass wir das Schild „A1A – Ferry“ übersehen haben. Wir müssen also auf die Fähre. Hoffentlich nehmen die uns mit so einem großen Auto überhaupt mit. Kein Problem, teilt uns der nette Fährkapitän mit, nur in der Mitte müssten wir stehen, nicht dass die Fähre kentert. Nach einer kurzen Überfahrt über den Intercostal Waterway ist auch die A1A wieder da, und gegen 20 Uhr erreichen wir todmüde St. Augustine.

Dieses kleine Städtchen ist wirklich sehr schön, und wir bleiben zwei Tage, besichtigen alles, steigen auf den Leuchtturm, gehen an den Strand und sind froh, das Gros der Fahrerei geschafft zu haben. Der erste Europäer in St. Augustine war am 2. April 1513 der Spanier Juan Ponce de Lèon. Er glaubte, den in seiner Zeit dort berühmten Jungbrunnen gefunden zu haben; denn die damals hier ansässigen Timucuan-Indianer bezogen ihr Trinkwasser aus nur einem Brunnen und waren de Lèons Schilderungen nach von so kräftigem Körperbau und solcher Schönheit, dass dieser Brunnen nur der sagenumwobene Jungbrunnen sein konnte. 1565 gründete Pedro Menèdez de Avilès, als Reaktion auf die Errichtung eines französischen Forts in der Nähe des heutigen Jacksonville (35 Meilen nordöstlich), an dieser Stelle ein militärisches Fort. An gleicher Stelle kann man noch heute das 1695 vollendete Castillo de San Marcos besichtigen.

Das Lightner Museum beinhaltet die Sammlung von Otto C. Lightner. Otto C. Lightner hatte jedoch keinen Sammlungsschwerpunkt, sondern hielt es für pragmatischer, bereits existierende Sammlungen einfach aufzukaufen. Zu bewundern gibt es dort eine Sammlung von Streichholzschachteln, Bierkrügen aus dem Fränkischen, französischem Spielzeug der Jahrhundertwende, ferner einen ausgestopften Löwen, Kristallwaren (aufgeteilt in die Sektionen Schüsseln, Gläser, Tiere oder Teller), Möbel, Teppiche oder die stattliche Sammlung kleiner Zigarrenbanderolen. Es gibt von fast allem etwas. Alles ist einem ehemaligen Hotel untergebracht, dessen Ballsaal einem spanischen Marktplatz nachempfunden wurde.

Ebenfalls in einem ehemaligen Hotel untergebracht ist das Flaggler College. Das ist wirklich ein sagenhafter Bau, zu besichtigen ist leider nur die Einganghalle. Als Kontrastprogramm zu diesem imposanten College machen wir uns auf, das älteste Schulhaus der USA zu besichtigen. Erbaut aus Zedernholz im Jahre 1776. Nur ein Raum, darüber hat das Lehrerehepaar gewohnt, Ende. Kein wirklicher Vergleich, aber spannend, beides nebeneinander zu sehen.

Nach zwei Tagen geht es weiter. Unser nächstes Ziel ist Palm Beach. Auf dem Weg dorthin können wir es uns nicht nehmen lassen, an den berühmten Strand von Daytona Beach zu fahren und uns dort in den fast endlosen Konvoi von Fahrzeugen einzureihen. Zwischen Meer und Sonnenanbetern cruisen wir auf dem Strand ein paar Meilen und finden es irgendwie sehr lustig.

Palm Beach, wörtlich und im übertragenen Sinn eine Insel. Zum einem ist es über mehrere Brücken mit dem Festland verbunden, zum anderen ist es wirklich eine Insel der Schönen und Reichen. Und genau hierfür wurde sie auch von Henry Flaggler (ehemals Partner von John D. Rockfeller, Erbauer der Eisenbahn von Jacksonville/FL bis nach Key West und „Vater“ des modernen Tourismus in Florida) erschlossen. Wir mieten uns zwei Fahrräder und machen uns auf, die Insel zu erkunden. Henry Flagglers ehemaliges 55-Zimmer Haus beherbergt heute ein Museum und gewährt einen interessanten Einblick in die damaligen Lebens-gewohnheiten der High Society in den 20ern des vorigen Jahrhunderts. Vieles, was heute Standard ist, war damals unbeschreiblicher Luxus: Warmwasser aus dem Hahn, eine Klospülung, Dusche oder ein Kühlschrank.

Nach so viel Luxus ist es auch für uns an der Zeit, ein bisschen Luxus zu genießen. Wir wollen in das „The Breakers“-Hotel auf einen kleinen Lunch. Wir steuern ein Gebäude an, von dem wir denken, es sei „The Breakers“, strampeln bei ca. 38°C die steile Auffahrt hoch, um dann vom Concierge aufgeklärt zu werden, dass das hier ein Wohnhaus, nicht aber das Hotel sei. Also lassen wir uns die Auffahrt wieder runterrollen und hoffen, uns in der Wildnis Kanadas (ab Juni) besser zurecht zu finden. Schließlich entdecken wir das Hotel und sitzen an einer unbeschreiblichen Bar. Der Tresen ist ein Aquarium mit echten Fischen drin, die gelassen unter unserem Bier durchschwimmen, der Blick auf den Atlantik ist sagenhaft. Und hier gibt es etwas, was sogar Jakob noch nie gegessen hat: Stone Crab Claws, zu bestellen in den Größen „Jumbo“, „Colossial“ und „Supercolossial“. Man muss sich diese Claws wie die Scheren von einem Hummer vorstellen, nur einfach viel größer. Stone Crabs dürfen nur zwischen Oktober und Mai gefangen werden. Um ihren Bestand zu sichern, darf den armen Tieren auch nur je eine der Claws (Scheren) abgetrennt werden. Dann wird sozusagen einarmig weiter gejagt. Die abgetrennte Schere wächst, ähnlich wie der Schwanz einer Eidechse, wieder nach. Nach anfänglichen Bedenken, ca. 2 Sekunden, wird so ein Ding bestellt. Schmeckt herrlich.

Gestärkt schwingen wir uns wieder auf den Sattel und radeln am Meer die A1A entlang. Offiziell heißt die Straße noch A1A, inoffiziell heißt sie bis zu Donald Trumps $ 125.000.000-Anwesen „Millionairs Row“, ab Donald Trumps Haus „Billionaires Row“. Es ist eine wirklich beachtliche Ansammlung teils wirklich schöner Zweitwohnsitze der amerikanischen Großverdiener. Abends lesen wir in einem Buch über die reichen und reichsten Einwohner Palm Beachs nach und stellen fest, dass wir eigentlich niemanden davon kennen. Uns vollkommen unbekannte Namen.

Am Abend treffen wir uns mit Bekannten aus Deutschland, haben einen sehr netten Abend gemeinsam und es tut unseren (vor allem Tinas) Ohren gut, schwäbischen Slang zu hören.

Wer hat damals nicht „Miami Vice“, mit dem super coolen Sonny Crockett (Don Johnson), Ricardo Tubbs (Philip Michael Thomas) und den noch cooleren Autos geschaut und sich gedacht: da mag ich auch mal hin?
Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg nach Miami! In Fort Lauderdale machen wir eine kurze Pause und eine Bootstour auf der „Jungle Queen“, dem Mississippi-Dampfern nachempfundenen Ausflugsboot. Wir schippern durch den Hafen und durch einige der endlosen Kanäle der Stadt. Fort Lauderdale hat so viele Häuser am Wasser, zum größten Teil an den Kanälen, so dass es hier fast genauso viele Boote wie Autos gibt.
In einer kurzen Alligator-Show lernen wir, wie wir im Zweifelsfall einen wilden Alligator überwältigen können. Wir haben gut aufgepasst und sind nun bestens vorbereitet……

Miami Beach. Ocean Drive. Art Deco. Und wir mittendrin. Schon auf der Fahrt hierher ist uns klar, dass wir mit Knut wenigstens einmal den legendären Ocean Drive auf seiner ganzen Länge „abcruisen“ müssen. Ähnlich wie in Daytona Beach reihen wir uns in den Autocorso ein, und zwischen Lamborghinis und hochglanzpolierten Oldtimern sind wir nicht zu übersehen und ziehen viele Blicke auf uns (Die denken sich sicher: was der Heini mit seinem Milchlaster hier verloren hat?) Egal, das musste sein und hat noch dazu einen Riesenspaß gemacht. Miami ist soo cool. Hier fühlt man sich auch gleich wie Don Johnson…

Zu Fuß laufen wir den gesamten „Art Deco District“ ab, der eigentlich Art „Tropical“ heißen müsste. Die Inspiration kam seinerzeit wirklich von dem französischen Art Deco, wurde in Miami aber so weit abgeändert (Farben, Formen und Ausdruck), dass man teilweise inzwischen dazu übergegangen ist, eben „Art Tropical“ zu sagen. Unser erster Tag in Miami ist zugleich der letzte Tag der „Exxxotica Miami Beach“, einem riesigen dreitägigen Event der Internationalen Pornoindustrie. Überall sieht man die Pornoqueens und Pornokings, ein scheinbar riesiges Happening. Uns scheint, die Mächtigen der Pornoindustrie versuchen ihre Größe und Macht in der Größe ihrer Stretchlimos (meistens Stretch Hummer Jeeps) zu zeigen, aus denen die jeweiligen „Sternchen“ winken, schauen oder tönen. Als eindeutiger Trend in dieser Branche zu erkennen ist die Renaissance der Hot Pants, am besten in Kombination mit High Heels (manche so hoch, dass eine groß gewachsene Frau keine Leiter mehr zum Glühbirnenwechseln bräuchte). Ein weiterer Trend ist der zum „Jumbo-Busen“. Bei so manchem dieser Prachtexemplare verschlägt es einem schier die Stimme, und wir fragen uns, wie „frau“ das eigentlich stemmen kann, ohne nach vorne umzukippen. Hierzu fällt uns auch auf, dass sogar die Schaufensterpuppen sich diesem Trend angepasst haben. Sehr lustig.

Auch in Miami machen wir eine Bootstour durch den Hafen und die vielen kleinen Kanäle, an denen, ähnlich wie in Fort Lauderdale, imposante Anwesen mit meist noch imposanteren Booten liegen. Im Bayfront Park, einem Vergnügungs- und Shoppingpark, lassen wir uns zwei Baseball-Caps mit „abwesenheitsnotizen“ besticken. Wann es ähnliche Caps über die Homepage zu bestellen gibt, wissen wir noch nicht. Der erste Schritt in Richtung Merchandising ist auf jeden Fall getan…

Miami und Miami Beach haben viel zu bieten. So besichtigen wir noch das Wolfsonian Museum, Little Havana (das meiste hatte leider zu, und es war eher ruhig – es war ja auch Sonntag) und laufen einfach sehr, sehr viel rum. Miami ist die Stadt der coolen Bars, Hotels und Restaurants, und es fällt uns schwer zu entscheiden, wo man denn noch einen netten „Absacker“ trinken könnte. Miami hat es übrigens nach Philadelphia auf die Liste der Orte geschafft, an welchen wir uns vorstellen könnten zu leben.

Obwohl uns Miami sehr gut gefällt, geht es weiter. Auf dem Weg nach Key West besuchen wir noch das Vizcaya-Haus. Gebaut 1913 – 1916 für den Industriellen James Deering. Seine Vision war es, ein italienisches Herrenhaus samt Nebengebäuden nachzubauen. In diesem Haus sind fast alle Stile von der Renaissance bis zum Neo-Klassizismus vereint. Fast alle Möbel hat James Deering (1859-1925 Vize-Präsident der International Harvester – englische Bezeichnung für land- oder forstwirtschaftliche Vollerntemaschinen – Company und Präsident der International Harvester Company of New Jersey) von seinen Reisen in Europa eingekauft. Aber nicht nur Möbel wurden aus Europa mitgebracht: Kamine, Türrahmen, Fenster, Stoffe, teils sogar Baumaterialien. Für den Anlegesteg seines Bootes hat er sich die typisch venezianischen Anlegepfosten (weiß-blau gestreift) kommen lassen. Noch ein Wort zu dem Anlegesteg: er hat die Form einer alten italienischen Galeere, ist aus Stein und dem Hauptlandungssteg ca. 30 Meter vorgelagert im Meer, ohne Landzugang. Deering ließ an dem Steinboot anlegen und sich die letzten 30 Meter in einer originalen venezianischen Gondel übersetzen. Wir sind tief beeindruckt und ein ganz wenig kommt sogar ein Gefühl von „Dolce Vita“ und Italien auf….

0007Weiter geht’s! Über insgesamt 42 Brücken kommen wir nach Key West, der südlichste Ort Kontinentalamerikas (nur Hawaii liegt noch südlicher). Die Fahrt an sich ist schon ein Ereignis der Sonderklasse. Wir fahren über winzige Inselchen, auf denen man das Gefühl hat, aus dem Fenster direkt das Meer berühren zu können. Nicht zu sprechen von den Brücken, die die Inseln miteinander verbinden. Links und rechts türkisfarbenes Meer. Und dann kommt sie, die 7-Mile-Bridge. Sieben Meilen geht es übers Meer. Wasser links, Wasser rechts, Wasser unten; wir kommen uns vor wie auf einem Boot und als ob wir gerade durch traumhafte Gewässer segeln würden.

Key West begeistert uns auf Anhieb. Das karibische Flair, die Vegetation (teils eine Farbenpracht besser als im botanischen Garten), die Architektur, die Menschen, das Licht, die Lage zwischen dem Golf von Mexiko und dem Atlantik (direkt verbunden durch die Duval Street)…..

Key West hat die größte Dichte von Bed & Breakfasts bzw. Inns auf die Einwohnerzahl, und so finden wir schnell ein gemütliches B&B aus den 1920ern mit Veranda. Hier bleiben wir. Und verstehen auch, warum sich Ernest Hemingway hier so wohl gefühlt hat. Nach über 4.000 Kilometern nehmen wir uns ein bisschen Zeit und genießen Key West, steigen auf den Leuchtturm (ja, auf jeden Turm muss hochgestiegen werden), besichtigen herrliche Stadthäuser mit tropischen Gärten, lassen unsere Füße ins warme Meerwasser baumeln, lauschen dem Rauschen des Meeres und der Palmen, essen lecker und bekommen einen Sonnenbrand.

Key West liegt als letzte durch eine Straße mit dem Festland verbundene Insel 45 Meilen oberhalb des nördlichen Wendekreises und 90 Meilen nördlich von Kuba. 1821 kaufte der Amerikaner John Simonton das damals sumpfige und unwirtliche Inselchen für $ 2.000 von den Spaniern. Zu diesem Zeitpunkt war Key West hauptsächlich als Marinestützpunkt interessant. Bereits Mitte des 16. Jahrhunderts siedelte sich hier eine Gruppe britischer „Aussteiger“ an, die sich im Laufe der Jahre einen erbitterten –verbalen- Kampf mit der britischen Regierung in London lieferte. Grund hierfür war das Ansinnen Londons, von diesen Aussteigern Steuern zu kassieren. Die Aussteiger verweigerten dies mit der Aussage, lieber nur „Conch“, das Fleisch einer sehr großen Meeresschnecke, zu essen als Steuern zu zahlen. Hierauf erklärten die Aussteiger ihre Unabhängigkeit aus dem britischen Steuersystem. Seit diesem Zeitpunkt hat Key West den Spitznamen „Conch Republic“ und, hier geboren, ist man ein „Conch“, hierher gezogen ist man ein „Freshwater Conch“.
Es ist heiß hier, die Hauptsaison fast vorüber, und die sommerlichen Temperaturen von über 40°C und extremer Luftfeuchtigkeit deuten sich langsam an. Wir mieten uns einen Roller und sind beeindruckt und erstaunt zugleich, hier ohne Helm rumfahren zu dürfen (der Verleiher hat gar keine Helme). Und das in einem Land, in dem man Millionen erklagen kann, wenn man sich mit heißem MC Donalds Kaffee die Schenkel verbrüht oder sich wundert, dass der Hamster platzt, wenn man ihn zum Trocknen in die Mikrowelle legt. Egal. Mit unserem feuerroten Roller rollen wir über die Insel. Wir besichtigen das Hemingway-Haus mit seinen ca. 50 sechszehigen Katzen, einem Pissoir (hat Hemingway selbst aus dem Sloppy Joes nach Hause geschleppt – angeblich mit der Begründung, durch dieses sei so viel von seinem Geld geflossen, dass er einen Anspruch darauf habe) aus dem heute die Katzen trinken, und dem Raum, in dem Hemingway unter anderem „To have and have not“ (dt. Haben und Nichthaben) geschrieben hat.
Mel Fisher und seiner langjährigen Suche nach dem sagenhaften Schatz der „Atocha“, einer spanischen Gold-Galeere, ist das Mel Fisher Museum gewidmet. 1985 fand er die „Atocha“ und mit dieser Gold, Silber und Allerlei im Wert von schlappen $ 400.000.000; bis heute der wertvollste jemals gefundene Schatz.

0010Eine Besonderheit Key Wests sind die täglichen Sunset Celebrations. Jeden Abend versammeln sich Einheimische wie Touristen am Mallory Square und feiern den Sonnenuntergang und „what a great day it was“. Das Ganze wird von zahlreichen Gauklern, Feuerspuckern und Musikern begleitet, und es ist ein sagenhaft schöner Ort und Moment für ein kühles Bierchen nach einem anstrengenden und heißen Tag voll Sightseeing.
Dieses Spektakel lässt sich nur noch mit einem Sunset Sail toppen. Wir schiffen uns für zwei Stunden auf einem zweimastigen Schoner ein, segeln bei starkem Wind und Wellengang aufs offene Meer und sind so zwischen den Lichtern von Key West und der untergehenden Sonne. Ein unvergessliches Erlebnis, auch wenn wir von den Wellen und der Gischt klitschnass werden und trotz karibischer Temperaturen frieren wie die Schneider.

Wäre es seinerzeit nach Harry S. Truman (33. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, 1945-1953) gegangen, wäre heute Key West und nicht Washington D.C. die Hauptstadt der USA. Wie es dazu kam? Nach Franklin D. Roosevelts Tod wurde Truman 1945 amerikanischer Präsident. Nach nur einem Jahr Amtszeit rieten ihm seine Ärzte, kürzer zu treten, und Truman zog sich für mehrere Wochen auf den Navy-Stützpunkt Key West zurück. Hier bewohnte er mit seinen Beratern und seiner Familie ein kleines weißes Haus, heute bekannt als „Little White House“. Im Jahre 1946, der Zweite Weltkrieg war gerade gewonnen, konnte sich der amerikanische Präsident selbstverständlich nicht auf unbestimmte Zeit in „Kur“ begeben, und aus diesem Grund wurde das „Little White House“ der vorübergehende Regierungssitz der USA. Truman gefiel es hier so gut, dass er am liebsten den Regierungssitz komplett hierher verlegt hätte. Das „Little White House and Museum“ ist noch heute ein gern genutzter Rückzugsort für amtierende und Präsidenten a.D.; vor drei Wochen war Jimmy Carter mit Familie dort.

Key West ist zwei Tage nach Miami der nächste Ort auf unserer imaginären Liste der Orte, an denen wir uns vorstellen könnten, zu bleiben; am liebsten sofort. Aber die Reise hat ja erst begonnen, und es warten noch so viele schöne Orte darauf, von uns entdeckt zu werden.

P_0ee3718d002b001

P_0ee3718d002b007

P_0ee3718d002b012

P_0ee3718d002b011

P_0ee3718d002b010

P_0ee3718d002b009

P_0ee3718d002b005

P_0ee3718d002b004

P_0ee3718d002b003

P_0ee3718d002b002

LEAVE A COMMENT