Rund um Las Vegas

Viel Lärm im Nichts!

27.10.2008 – 06.11.2008

USA: DIE MOJAVE WÜSTE MIT LAS VEGAS

Amerika hat gewählt. Change has come und nix ist mit Mac is Back! Für uns war es aufregend, in der Zeit dieses historischen Wahlkampfes in den USA zu sein. Mitverfolgen zu können, wie Politik hier funktioniert. Ein Horst Seehofer (2 Ehen und 1 Affäre mit Nachwuchs) oder Gerhard Schröder (4 Ehen und den Amtseid nicht auf die Bibel geschworen) könnten hier nicht einmal Bürgermeister einer Kleinstadt (Wasilla? Hannover? Ingolstadt?) werden. Undenkbar, solche Sittenstrolche und Ungläubige an den Rudern der Lokalpolitik. Das käme dem Untergang des Abendlandes gleich.
In den USA müssen die Kandidaten makellos sein, ein Fehler von vor x Jahren zerstört eine jede Karriere in maximal 10 CNN-Minuten. Und Joe the Plumber, ja der wird der nächste Wirtschaftsminister, oder eben auch nicht.

Das Telefonat zwischen Frankreichs Präsident Nikolas Sarkozy und Sarah Palin – ein Meisterstück von Telefonstreich und politischem Können seitens Caribou-Barbie: muss man einfach gehört haben.

Mit dieser Wahl ist Geschichte geschrieben worden, und nun ist es wieder an uns, Geschichten zu schreiben.

Der Joshua Tree-National Park

Josua, Jehoschua, Jahwe, Jehovah oder auf Englisch Joshua ist ein biblischer Vorname, der in viele Sprachen übernommen wurde. Er bedeutet so viel wie „Gott ist Hilfe“. Die Wüste durchquerende Mormonen gaben dem Joshua Tree seinen Namen, da sie in diesen Bäumen die Gestalt des Propheten Joshua, der seine Arme gen Himmel hob, erkannt haben wollten.

Auf insgesamt 3.196 km² finden sich im Joshua Tree-Nationalpark zwei verschieden Wüsten. Zum einen die im Osten des Parks auf unter 900 M.ü.M. liegende Coloradowüste. In diesem Teil ist es staubtrocken, lediglich ein paar Kakteen und Fächerpalmen haben diesen Teil als ihr Zuhause gewählt. Im Nordwesten des Parks, deutlich höher gelegen, befindet sich ein (kleiner) Teil der Mojave-Wüste. Dies ist auch der Teil des Parks, in dem die berühmten und fremdartig wirkenden Joshua Trees wachsen. Dank der Höhe ist es kühler, feuchter, das Klima nicht so feindlich.

Weltweite Berühmtheit (wenigsten unter Musikfans) erlangten die Bäume und der Park durch die irische Rockband U2 und den Sänger Bono. Ihr 1987 veröffentlichtes Album „The Joshua Tree“ zeigt auf der Rückseite die Band vor einem frei stehenden Joshua Tree. Diesen Baum seinerzeit zu finden, muss eine Herausforderung gewesen sein, da diese Bäume eigentlich nie singulär, sondern immer in Gruppen wachsen. Um den Baum und seine natürliche Umgebung zu schützen, verrieten die Produzenten auch nie den Standort des Baumes. Eifrige Fans fanden ihn aber trotzdem, und heute (wir haben ihn leider nicht gefunden) ist der Platz eine Art Wallfahrtsort für die hart gesottenen U2-Fans. Der Baum steht inzwischen außerdem nicht mehr; nach geschätzten 2.000 Jahren Lebenszeit ist er irgendwann zwischen 1987 und den späten 1990ern abgestorben und einfach umgefallen. Bums.

Bei der Fahrt durch den Park bieten sich uns wunderbare Aus- und Einblicke. Hier ist es so unglaublich schön, friedlich und still, es kommt uns vor wie die Reise auf einem anderen, fernen Planeten. Die die Arme zum Himmel streckenden Bäume sind faszinierend und fremdartig zugleich. Unzählige Male bleiben wir stehen, laufen in die unendliche Weite der Wüste hinaus, zwischen Joshuas und winzigen Yucca-Palmen hindurch. Immer wieder finden sich, einem Murmelspiel der Götter gleich, Ansammlungen von riesigen, runden Felsen, in den Weiten der Wüste verstreut, die von Wind und Wetter glatt „geschliffen“ sind und eine herrliche Aussichtsplattform bieten. Einmal hochgekraxelt, bieten sich uns Blicke wie in und auf eine andere Welt.

Manche dieser Felsen sind eher eierförmig, zwischen 50 und 200 m hoch, und ein beliebtes Ziel für Kletterer. Es ist eindrucksvoll, diesen beim Bezwingen der Felsen zuzuschauen. Es scheint, als ob sie federleicht, ja, fast schwerelos und spinnengleich die glatten Felsen erobern. Noch beeindruckender ist es aber, wenn diese Kletterer, ähnlich Spiderman, wieder „herunterlaufen“. Und das in einer Geschwindigkeit, so schnell läuft Otto Normalverbraucher nicht einmal in Panik.

Die Landschaft mit all ihren Schönheiten und Besonderheiten beeindruckt uns tief. Ist man doch immer noch in demselben Land, in dem sich auch New York oder Los Angeles befinden, mit all dem Stress und der Hektik der Metropolen. Aber trotzdem ist man hier in einer völlig anderen, fremden und bezaubernden Welt. Für unsere Augen ist diese Abwechslung eine Wohltat; ist hier doch alles anders, als wir es kennen. Die Zeit vergeht viel zu schnell, der Tag neigt sich dem Ende zu und all die Schönheit verschwindet in einer Hülle aus Schwarz. Der Mond geht auf, und die ersten Sterne machen sich auf ihren Weg übers nächtliche Firmament. Bis sich am nächsten Tag wieder die „Arme“ dieser seltsam anmutenden Bäume der Sonne entgegenstrecken.

Eine Wüste mit perfekter Infrastruktur

Zwischen Palm Springs und Las Vegas liegt die von der Interstate 15, Interstate 40 und dem Highway 95 umrahmte Mojave-Wüste. Auch das Straßennetz ist zu Erkundung dieser Wüste respektabel, immerhin ist man in der Wüste.

Dies tut dem Erlebnis und der Einzigartigkeit jedoch nicht im Geringsten Abbruch. Uns eröffnet sich, keine 150 km Luftlinie vom Joshua Tree-Nationalpark entfernt, eine vollkommen andere, neue und einzigartige Landschaft. Die Mojave-Wüste ist mit einer Fläche von 35.000 km² ansehnlich groß. Der typischerweise als Mojave-Wüste bezeichnete Teil ist dann jedoch nur jener zwischen den oben genannten Autobahnen. Die gesamte Mojave-Wüste schließt aber auch das Death Valley und den Joshua Tree-Nationalpark mit ein. Sogar Las Vegas liegt in der Mojave-Wüste. Ein Großteil der Fläche der Mojave Wüste liegt in Kalifornien. Ausläufer ziehen sich bis in die Bundesstaaten Arizona, Utah und Nevada hin. Der von uns durchquerte Teil, das Mojave-National-Preserve, liegt ca. 80 km südlich von Las Vegas, gerade noch in Kalifornien.

Aber auch dieser kleine Teil ist mit 5.665 km² beachtenswert groß, und so gibt es eine Menge zu entdecken. Der eigentliche Reiz liegt allerdings in der Durchquerung der Wüste auf der (zu dieser Jahreszeit) wenig befahrenen Route von Amboy über Cima nach Primm. Es geht an weiteren Joshua Trees, durch endlose Öde und den Kelso-Dünen vorbei. Diese Dünen können angeblich singen. Es wird gesagt, dass man, einmal auf die Dünen geklettert, ein bisschen Sand mit dem Fuß in die Windrichtung treten soll. Der herabrieselnde, vom Wind getriebene Sand mache dann ein Geräusch ähnlich einem leisen Sington. Gerne hätten wir es ausprobiert, haben es dann doch gelassen, sind wir doch mitten in der glühenden Mittagshitze zu den Dünen gekommen. Teils sind die Dünen bis zu 200 m hoch, und bei fast 35°C lassen wir die Besteigung Besteigung sein, versuchen das Singen zu vernehmen (erfolglos) und machen uns etwas wehmütig mit unserer fahrbaren Sauna (im Auto ist es nochmal deutlich wärmer) im wahrsten Sinne des Wortes vom Staub.

Glitzer, Glamour und Slot Machines

Wir sind in Las Vegas! Der Stadt der Lichter, Casinos und Absurditäten. Bei unserer Einfahrt in dieses Unikum über den Las Vegas-Boulevard, besser bekannt als The Strip, werden wir gleich von einem wild hupenden und gestikulierenden VW-Busfahrer mit Ravensburger Kennzeichen begrüßt. Leider verlieren wir uns gleich wieder aus den Augen, bei acht Spuren (innerstädtisch) auch nicht verwunderlich, aber es beweist die alte Reiseweisheit: egal, wie weit man reist, ein Schwabe ist schon da, um einen zu begrüßen. Kein Berg zu hoch, kein Tal zu weit. Der Schwabe steht bereit.

Las Vegas, die Stadt der Wedding Chapels, Casinos, Verrückten, unzähligen Elvis-Imitatoren, europäischen und internationalen Metropolen in klein. Was es hier nicht alles gibt? Venedig, Paris, Monte Carlo, Caesars Rom, Ägypten und New York. Und das ist kein Scherz.
Aber eins nach dem anderen. Fangen wir mit dem „Venetian“ an: Dieses Themenhotel bietet all das, wofür die in den Augen der Amerikaner romantischste Stadt der Welt bekannt ist. Vom Strip aus gelangt man über die Rialto-Brücke und den Dogenpalast ins Innere in eine andere, die venezianische Welt. Außen, dem Dogenpalast vorgelagert, ist der Canal Grande. Hier eher ein Canal Piccolo, aber immerhin mit echten Gondeln und Gondolieren, die mit einem heftigen Akzent aus den Tiefen ihrer Brüste ein schallendes „O Sole mio“ in den Wüstenhimmel schmettern. Nicht zu vergessen natürlich der Campanile – auch der darf nicht fehlen. Es ist bizarr, aber irgendwie lustig.

Erst einmal im Inneren geht es richtig los. Auch hier gibt es ein verwinkeltes Netzwerk aus Kanälen samt darauf umherschippernden Gondeln, den Markusplatz in klein, unzählige Brückchen über eben jene Kanäle, und sogar der Fußboden ist nicht stumpfer Beton. Nein, die alten Steinplatten und Mosaike aus der echten Lagunenstadt wurden kopiert und in der hochglanzpolierten Variante hier verlegt. Besonders beeindruckend ist die Decke, der Himmel. Blau mit kleinen Schönwetterwolken. Je nach Tageszeit ist die Decke anders beleuchtet, so dass man das Gefühl bekommt, den wirklichen Tagesablauf erleben zu können. An jeder Ecke gibt es „gelati“, und die hoteleigene Security ist ganz im Stil der Carabinieri gekleidet und sorgt für Recht und Ordnung.

Nach so langer Abwesenheit aus der alten Welt ist es komisch, auf einmal wieder dort zu sein. Mittendrin. Eine Illusion. Absurd, aber bemerkenswert gut gemacht. Viele kleine Details fallen uns erst nach einer ganzen Weile auf, z.B. der unebene Fußboden. All dies hilft, diese surreale Unwirklichkeit realer erscheinen zu lassen. Das „Venetian“ hat uns tief beeindruckt, und auf Grund seiner extremen Überspitzung an Phantasie können die anderen Hotels/Städte auch nicht wirklich mithalten.

Paris, samt Eiffelturm und typisch französischen Straßenzügen, wirkt deutlich künstlicher. Die Hotelauffahrt, überragt vom Arc de Triomphe, die Pariser Oper (im Inneren ist das Casino), das Hôtel de Ville und sogar der Louvre sind hier.

Luxor, das Hotel mit Ägypten als Thema, hat irgendwie die Zeit überstanden, ohne abgerissen zu werden. Erstaunlich bei einer Stadt, die sich jeden Tag neu erfindet. Das Hotel in Form einer riesigen Pyramide aus schwarzem Glas wird von einer mächtigen Sphinx bewacht. Im Film „Mars attacks“ von 1996 arbeitete Tom Jones (als Pharao verkleidet) im Casino als Croupier und Kellner. Heute sind die Mitarbeiter wenigstens nicht mehr als Pharaonen oder Mumien verkleidet.

Das „Ceasars Palace“ hat folglich auch – welches Thema? Ja, genau, das alte Rom. Und so schaut es dort dann auch aus. Der Trevi-Brunnen, römische Statuen, Cleopatra (Caesars Geliebte) darf nicht fehlen und ist blanken Busens an jeder Ecke zu finden. Micheangelos David ist inflationär allgegenwärtig.

All diese Hotels sind – und man kann es schlicht nicht anders sagen – einfach der Hammer. Es ist so unglaublich (und) phantastisch, da verschlägt es uns die Stimmen. Offen Mundes spazieren wir auf wenigen Meilen durch die verschiedensten Städte und Stätten. Außer Hotels, Casinos und diversen Shows hat Las Vegas selber wenig zu bieten, aber Genanntes hält uns für ein paar Tage in Betrieb. Alles ist so unglaublich, dass wir oft mehrmals hinschauen müssen, um es überhaupt zu realisieren. Disney World in Florida ist im Vergleich dazu langweilig und eintönig.

Hieß es bei Sarah Palin ja immer „Drill, Baby, drill“, heißt es hier „Gamble, Baby, gambel“. Egal in welchem Casino man sich auch befindet, es ist ein Meer aus Slot Machines, Pokertischen, Blackjack, Roulette und was das Glücksspiel sonst noch so zu bieten hat. So weit das Auge reicht, stehen hier die Goldesel. Leider meist nur für den Betreiber, denn für den armen Touristen, der seine gesamten Ersparnisse, ohne mit der Wimper zu zucken, in Slot Machines mit so sinnigen Namen wie „Spaghetti Luigi“, „African Luck“ oder „Pussycat Dolls“ steckt, springt meist nichts heraus. Klar ist es verlockend, wenn die Maschinen einen möglichen Gewinn von $13,5 Millionen versprechen. Da kommt man schon in Versuchung. Wäre ja was. Einige Tage später und grüne Dollarnoten ärmer stehen aber immer noch die $13,5 Millionen auf der Anzeige: wir haben die Maschine mit Voodoo und Flüchen bedacht, aber rausgekommen ist trotzdem nichts. Außer einmal, da waren es $150 Gewinn. Siegessicher jetzt den Jackpot zu knacken, haben wir diesen Gewinn auch gleich wieder eingesetzt und dem netten Casinobetreiber anstandslos „zurückgespielt“. Pech im Spiel, Glück in der Liebe; sind wir ja auch auf Hochzeitsreise.

Las Vegas und das Drumherum

Las Vegas liegt irgendwo an der kalifornisch-nevadischen Grenze im Nirgendwo. Und drum herum? Nicht viel los? Weit gefehlt! Keine 30 Autominuten (ca. 45 LKW-Minuten) liegt der Red Rock-Canyon. Das Naherholungsgebiet der Einwohner von Las Vegas und eine wunderbare Oase der Ruhe. Hier liegt eine rote Gesteinschicht zwischen dunklem, grauem Stein, und die Berge wirken fast wie rot gestrichen. Besonders beeindruckend ist dieses Farbenspiel der Natur entweder beim Sonnenaufgang (sehr früh) oder beim Sonnenuntergang (schon besser).

Auf einer 18 Meilen langen Einbahnstraße geht es durch dieses Gemälde der Natur. Zahlreiche Aussichtspunkte machen es leicht, die Highlights des Parks zu erkunden. Ein Vorteil des Besuchs zum Sonnenaufgang wäre die Möglichkeit, einen der zahlreichen Wanderwege zu bezwingen. Zum Sonnenuntergang ist das schlicht nicht mehr möglich, weil der Park dann schließt und von eifrigen Wächtern leer geräumt wird.

Das jedoch echte Highlight in der nahen Umgebung von Las Vegas ist das Valley of Fire. Der Valley-of-Fire-State-Park ist der älteste State-Park Nevadas (Eröffnung 1935) und mit 141km² Größe überschaubar. Trotzdem sind wir insgesamt einen Tag unterwegs. Wie so oft auf dieser Reise sind es die weniger bekannten, kleineren Sehenswürdigkeiten, die uns in ihren Bann ziehen.

Auf einer kleinen, kurvenreichen Straße kann man dieses Feuertal erforschen. Und, wir haben es ja nun schon oft gesagt, uns begeistert die wüstenähnliche Landschaft zutiefst. An vielen Stellen wirkt sie wie vom Mond. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund, warum es unzählige Filmproduzenten in dieses Tal gezogen hat. So wurden hier z.B. zahlreiche Szenen für den Film „Total Recall“ mit Arnold Schwarzenegger gedreht. Auch Captain Kirk starb hier in seiner letzten Folge als Kommandant des Raumschiffs Enterprise.

Wir spazieren durch enge Täler und Schluchten dieser einzigartigen Landschaft und sind zum wiederholten Male von der amerikanische Panik, zu verdursten oder zu dehydrieren, fasziniert: an einem der zahlreichen Parkplätze zu einer nicht einmal 2 km langen Wanderung kommen wir mit einer amerikanischen Familie ins Gespräch. Wir werden unter kritischen Blicken darauf hingewiesen, dass für diese Wanderung 0,5 Liter Wasser beileibe nicht ausreichend seien. Da müssten wir schon mindestens 2-3 Liter mitnehmen. Nun gut, sind die Amerikaner ja auch nicht gerade das Volk auf Gottes Erdboden, das für seine Sportlichkeit bekannt ist. Und somit ist es auch wenig verwunderlich, wenn Menschen mit dem möglicherweise vierfachen unseres Körpergewichts und wahrscheinlich nur knapp 2% unserer Muskelmasse für so ein Spaziergänglein sich eindecken müssen, als ginge es an die Durchquerung der Sahara – per pedes.

Dies erinnert uns an eine ähnliche Episode im April dieses Jahres in Aspen. Hier erklärte uns eine Dame in fast schon missionarischer Manier, dass man in dieser extremen Höhe der Berge pro Glas getrunkenen Weines mindestens einen Liter Wasser hinterherschütten müsse. Oh je, täte man dies, wär man ja mehr beim Pieseln als beim Skifahren. Wir glauben inzwischen, dass die wirkliche, alles übertreffende Angst dieses Volkes nicht Krieg, Terror oder kollabierende Börsen sind, sondern elendiges Verdursten und Dehydrieren (vielleicht wäre dies das Mittel auf dem Weg zur Präsidentschaft eines McCain gewesen und hätte Sarah Palin mehr getrunken, wäre sie öfters auf dem Häuschen gewesen und hätte somit weniger Zeit gehabt, so viel Schmarrn in die Welt hinauszuposaunen).

Ins trockene Tal des Todes nach Badwater

Nur in Libyen ist es wärmer. Der bisherige Temperaturrekord im Death Valley wurde 1913 mit heißen 56,7°C gemessen. In Libyen waren es 1922 mal 58°C (in El Aziza).

Von Las Vegas geht es in knappen 2 ½ Stunden über endlose, schnurgerade Straßen ins „Tal des Todes“ oder auch ins tote Tal. Wie man will. Fährt man eine ganze Weile über diese schnurgeraden Straßen, kommt einem nach x Kilometern eine leichte Kurve wie eine enorme Herausforderung vor, und wir schleichen im Schneckentempo um eine solche, die wir sonst wahrscheinlich locker mit 110 Sachen nehmen würden.

Über die Amargosa-Bergkette geht es hinab ins Tal. Die höchsten Gipfel dieser Berge erreichen über 2.500 Meter Höhe. Die Straße ist natürlich deutlich niedriger, aber trotzdem ist es ein Erlebnis, sich samt Laster von einer Höhe von ungefähr 1.500 Metern bis zum tiefsten Punkt der USA die Straßen hinabzustürzen – auf 85,5 Meter unter dem Meeresspiegel.

Einmal unten im Tal, bieten sich fremdartige und absonderliche Blicke in eine Landschaft, wie sie lebensfeindlicher kaum sein könnte. Mitten im Tal finden sich Sanddünen, die im Lauf der Jahrtausende immer von der einen Seite des Tals auf die andere wandern. Zum Glück dauert das ewig, und somit müssen die Verantwortlichen wenigstens nicht immer die Straße neu herumbauen.

Eine Wanderung (diesmal nehmen wir auch mehr als genug Wasser mit) der besonderen Art machen wir ein Stückchen weiter westlich, nahe dem Ort StovepipeWells-Village. In den Mosaic-Canyon. Durch enge Schluchten (man schafft es kaum sich durchzuzwängen) geht es immer weiter in diese beeindruckende Landschaft hinein. Von Wassern, die hier vor Jahrmillionen geflossen sein müssen, sind die Canyonwände spiegelglatt geschliffen. Mit ein bisschen Phantasie kann man sich noch das Wasser vorstellen, es sprudeln hören, wie es hier hinunterfloss und wahrhafte Skulpturen aus Stein und Sand schuf. Nach einer Weile öffnet sich der Canyon plötzlich und abrupt. Vor uns breitet sich ein endlos wirkendes, von hohen, schroffen Bergen umrahmtes, trockenes Tal aus. Es wirkt wie eine Szene aus einem Science Fiction-Film. Es ist absolut unglaublich. Über Sand und Geröll schreiten wir voran. Jetzt fehlt es nur noch, dass aus einem der engen Seitentäler irgend so ein ausrangierter, der Gefangennahme entgangener Westernheld herausreitet und uns von seinem lahmen Gaul herab mit seinem Colt niederstreckt. Oder der Boden aufreißt und sich der Höllenschlund auftut. Wie man sieht, ist dies eine sehr inspirierende Landschaft.

Nächste Station in diesem bei falscher Planung todbringendem Tal ist der Zabriskie-Point. Ein Aussichtspunkt, ja mal wieder, aber dieser hier ist etwas Besonders: Zur einen Seite blickt man hinab ins Tal, in dem der tiefste Punkt der USA liegt, auf der anderen Seite bieten sich Blicke auf eine weit in den Himmel ragende Bergkette, die Amargosa-Range. Der Zabriskie-Point ist von einer erstaunlichen Sand- und Gesteinsformation umgeben. Wie versteinerte Wellen liegen sanfte Hügel und Täler vor uns. Es wirkt fast, als sei eine riesige Welle einfach erstart und, in Sand und Stein verewigt, an dieser Stelle zum jähen Stopp gekommen. Und wieder sind U2-Fans gefordert: das Cover des Albums „The Joshua Tree“ zeigt die Band genau vor diesen „Wellen“.

So ganz knapp vor Sonnenuntergang (genau an diesem Tag wurde die Uhr zurückgestellt und wir haben gleich mal eine Stunde Tageslicht verloren) schaffen wir es noch nach Badwater. Und damit sind wir an diesem Punkt, für den ein jeder Besucher eigentlich ins Death Valley kommt: wir sind 85,5 Meter unter Null! In dieser Ebene breitet sich ein ausgetrockneter Salzsee vor uns aus. Der Boden ist aber nicht topfeben, sondern rau und uneben, fast wie ein frisch gepflügter Acker. Die Salzkruste ist überall aufgesprungen, es ist ein Mischmasch aus Braun und Weiß. In der niedrig stehenden Sonne funkeln die Salzkristalle Diamanten gleich. Obwohl so unwirtlich, strahlt dieser Ort eine Magie aus. Auf einem schneeweißen, von unendlichen Besuchern platt getretenen Pfad geht es in die Weiten des trockenen Sees. Dieser Pfad ist fast wie mit dem Lineal gerade gezogen , von den aufgesprungen, dunklen Salzkrusten eingerahmt. In diesem Licht, in dieser Ebene erscheinen Distanzen kurz. In Wirklichkeit sind sie riesig. Am Horizont sehen wir zwei Menschen, laufen in deren Richtung, und nach zehn Minuten strammen Ganges scheinen diese immer noch genau so weit entfernt wie vorher.

Wir genießen die letzten Sonnenstrahlen – ein besonderes Licht – und wie auf Knopfdruck verschwindet das Tal des Todes in einem schwarzen Mantel; einem Leichentuch gleich breitet sich die Dunkelheit über das gesamte Tal aus.

Über einen Damm und auf einer gläsernen Brücke über den Abgrund

In Las Vegas, in Los Angeles, in Palm Springs, überall blüht und gedeiht es, das Paradies ist wahrscheinlich auch nicht grüner. Von irgendwo her muss dieses viele Wasser ja kommen.

In einem gigantischen Bauvorhaben wurde zwischen 1931 und 1935 mit 2,6 Millionen Kubikmetern Beton der Hoover-Damm gebaut. 221 m hoch, mit einer oberen Breite von 14 m und einer unteren Breite von 201 m staut der Damm den Colorado-River. Der damit entstandene Lake Mead ist mit seinem Speicherinhalt von rund 35 Milliarden Kubikmetern auf einer Länge von ca. 170 km und einer maximalen Tiefe von 180 m der größte Stausee der USA.

Ende Oktober ist der Wasserstand des Sees meist 60 Fuß unter Normal, dieses Jahr sind es jedoch über 120 Fuß unter Normal, und Wissenschaftler und Umweltschützer bezweifeln, dass der See sich jemals wieder komplett füllen, geschweige denn überlaufen wird – was er das letzte von insgesamt drei Mal 1998 tat).

Auf einer spannenden und dunklen Tour erkunden wir das Innere des Dammes und kommen fast bis an den Boden. In den riesigen Turbinenräumen (es gibt zwei davon) finden sich je acht mächtige Turbinen zur Stromerzeugung. Leider Gottes war die Tour durch die gesamte Höhe der Staumauer bereits ausgebucht, weshalb wir nur einen kleinen Teil des Dammes sehen konnten. Am beeindruckendsten ist aber eh der Gang über die Dammkrone. Auf der einen Seite ist See, auf der anderen geht es über 200 Meter in die Tiefe. Genau in der Mitte des Dammes überschreitet man dann auch die Grenze zwischen Nevada und Arizona.

Vom Hoover-Damm geht es zu einem weiteren Glanzstück menschlicher Baukunst und Vision: zum Skywalk am Grand Canyon. Über eine endlos erscheinende „Wellblechpiste“, auf der es wahrscheinlich sogar plombenlosen Menschen die letzte Plombe aus den Zähnen schüttelt. Eine solche Straße würde man in Afrika oder Venezuela vermuten, aber nicht in den USA auf dem Weg zu einer Sehenswürdigkeit, die für zwei Personen sagenhafte, fast schon an Raub grenzende $135 kostet – zuzüglich $20 fürs Parken.

Nach einer Weile sind Piste und Preis vergessen, und wir stehen davor: Vor dem Grand Canyon, der sich an dieser Stelle 1.219 Meter tief in die Felsen gegraben hat. Man kann bis direkt an die Abbruchkante laufen und kein Gitter oder Geländer schützt einen vor dem sicheren Sturz in den Tod. Das gesamte Gebiet des westlichen Grand Canyon ist Indianer-Reservat, und somit haben diese hier das Sagen. Da es sich beim Grand Canyon um hochheilige Erde der Indianer handelt, darf auch kein Geländer gebaut werden. Wer hinunterplumpst, ist im übertragenen Sinne als Opfer für Regen registriert (ob dies der Wahrheit entspricht oder nicht, lassen wir dahin gestellt).

Und dann geht es auf den Skywalk. 22 m ragt er über den Rand des Canyons hinaus. Der Boden ganz aus Glas. Ebenso das Geländer. Man meint, man fliegt. Auf dem Skywalk sind zwei Typen Mensch unterwegs: der eine, der den Begriff „Höhenangst“ kaum schreiben kann und der andere, der diesen Begriff wahrscheinlich in fast allen der ca. 6.500 gesprochnen Sprachen der Welt weiß. Mit Tina und Jakob ist nun ein Exemplar jeder Gattung unterwegs. Jakob spaziert mit einer Gelassenheit darüber, als sei es ein Bürgersteig in Münchens Haidhausen. Tina hat es da nicht ganz so leicht. Aber nachdem wir es zusammen einmal ganz herum geschafft haben und so langsam das Lächeln auf Tinas Gesicht zurückkommt, fängt es an, auch ihr Spaß zu machen. Nach einer Weile sind wir dann zusammen wie auf Haidhausens Bürgersteigen unterwegs, legen uns bäuchlings auf das Glas und genießen den Blick nach unten. An der höchsten Stelle sind es 653 m bis zum Grund! Das sind die Türme Münchner Frauenkirche sechsmal übereinander und als Sahnehäubchen noch mal ein hochkant gestellter 38-Tonner-LKW oben drauf. Ja, so hoch ist das.

Am Ende, nach einer knappen halben Stunde auf dem Skywalk, findet es Tina so toll, dass sie am liebsten gar nicht mehr runter will. Wir stehen und sitzen da, inzwischen ganz alleine (der letzte Japaner-Bus ist kurz vorher gefahren), und genießen den Blick nach unten und vorne. Vor lauter Nach-unten-Geschaue haben wir den Blick nach vorne ganz vergessen. In und über den Grand Canyon. In eine der wohl spektakulärsten Landschaften auf dieser Erde. Die untergehende Sonne taucht die Canyon-Wände in ein unbeschreibliches Rot. Oder doch Orange? Kein Mensch hätte eine solche Landschaft erschaffen können. Es ist so wunderbar, wir verstehen, dass der Ort den Hualapai-Indianern heilig ist. So viel Schönheit kann nicht nur von Wasser und Regen geschaffen worden sein. Da muss doch einer seine göttliche Hand im Spiel gehabt haben….

 

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