Vor und nach dem Nichts

Gold, Sand und Felsen


Du willst auch nach Australien? Hier geht’s zu den Reisetipps Australien mit allen Fakten, die Du wissen musst.

27.02. – 15.03.2016

Naturschauspiele haben leider keinen Stundenplan. Sehr bedauerlich. Zum zweiten Mal nach 2011 sind wir in Esperance, dieser abgelegnen, coolen, kleinen und gemütlichen  Stadt am Meer mit seinen unglaublichen Stränden, mit Sand so fein und weiß wie Puderzucker. Und da soll es noch etwas geben, einen rosa See, der „Pink Lake“. Aber, und da sind wir wieder beim Stundenplan, auch diesmal ist der „Pink Lake“ nicht pink. Der See ist weiß, leer, salzig und öde. Es wird wohl dabei bleiben diesen Teil Australiens nur von Fotos zu kennen. Schade! Oder vielleicht ein Grund, doch mal wieder vorbei zu schauen?

Wie immer beim Reisen dreht sich alles um die Route. Links? Rechts? Norden oder Süden? Westen oder Osten? Man könnte glauben, diese Entscheidungen lägen in einem Land, in dem es mehr sprechende Papageien als Kreuzungen gibt, auf der Hand. Tut es aber leider nicht. Und so fahren wir von Norseman knapp 200 Kilometer nach Norden, um ein paar Tage später wieder an der gleichen Kreuzung zu stehen. Ziel des „kurzen“ Abstechers ist die Stadt des Goldes, der Puffs und einer so eigenwilligen wie pragmatischen Einstellung: „the people of Kalgoorlie just do it, and later talk about it“ – Kalgoorlie. Diese, auf eine gewisse Art so seltsame, ja eigenartige aber auch gewinnende Stadt am Rande des größten „Loches der Welt“ zieht uns magisch an. Der raue Charme der Minenarbeiter, der noch viel rauere Charme der Minenarbeiterinnen, der  Hauch von Pioniergeist (längst verflogen), die Geschichte über die Suche und das Finden von unglaublichen Mengen von Gold (meist am Abend versoffen) und die Melange aus Tradition, Eigenwilligkeit und dem einer Filmkulisse gleichenden Stadtbild ist jeden noch so langen oder kurzen Abstecher wert.

Die Tour durch das „größte Loch der Welt“, der „Super-Pit“, ist eine unglaubliche Sache: Caterpillar-Kipper so groß wie Mehrfamilienhäuser transportieren täglich Hunderte, Tausende Tonnen von Geröll vom Boden des Tagebaus hinauf, um am Ende des Tages Gold in der Menge eines Golfballes gefördert zu haben. Diesen Monstern beim „Krabbeln“ zuzuschauen ist ein wahres Spektakel. Über die Jahre ist das „Loch“ gewachsen und ragt nun fast 700 Meter tief in die Erde hinein.

Im „Questa Casa“ dagegen geht es dafür um ein ganz anderes (hartes) Geschäft. „Madame“, wie sich die reizende ältere Dame selbst nennt (bei uns würde man wohl Puffmutti sagen) plaudert anschaulich, überaus blumig und durchaus detailliert über die Geheimnisse Australiens ältesten Puffs. Und da gibt es einige Geschichten. Es bleibt nur die Frage, warum „Madame“ heute Touren durch ihr plüschiges Etablissement anbietet und nicht dem eigentlich Zwecke hinter diesen Mauern nachgeht… Abends geht’s dann zur Stärkung auf einen dicken Burger ins berühmt-berüchtigte „Exchange Hotel“ und zum passenden Ausklang des Tages  auf ein frisch gezapftes Bier, serviert von leichtbekleideten Bardamen in den „Wild West Saloon“. Wie gesagt, diese Stadt ist eigenwillig, ja anders.

Zurück an der Kreuzung biegen wir nun links ab und begeben uns auf eine Reise durch Zeit und Raum. Wir queren den Kontinent auf dem berühmten Eyre-Highway – es geht durch die Nullarbor-Plain. Aber das ist eine eigene Geschichte. 

Nach soviel Raum, Zeit und „Nichts“ lockt die Eyre Peninsula mit herrlichen Nationalparks und schon fast einem netten Städtchen nach dem anderen. In den Gawler Ranges Nationalpark übernachten wir unter einem Sternenhimmel, so klar, so funkelnd, so unendlich, so wunderschön, dass man sich nur schwer vorstellen kann, dass da oben wirklich nichts sein soll….. Durch hügeliges Buschland führt ein sandiger Tracks zu den „Organ Pipes“, scheinbar zu Stein erstarrten Orgelpfeifen, einer unglaublich uralten Felsformationen. Für 10 Kilometer brauchen wir einfach 1,5 Stunden, einige Nerven und manchmal ein bisschen Mut. Die Eyre Peninsula ist geprägt von Farmen so groß wie kleine Länder, Weizenfeldern bis zum Horizont, Schafherden mit tausenden von Tieren, netten kleinen Fischerorten, schönen Panoramasträsschen entlang der rauen Steilküste, tosendem Meer, einsamen Stränden. Und immer wieder viel, viel Regen.

In den fischreichen Gewässern rund um die Eyre Peninsula schwimmen weiße Haie (auch Teile vom „Weißen Hai“ wurden hier gedreht – haha, wie passend), die Austern- und Thunfischproduktion gehört zu den größten Australiens. So genießen wir viel frisches Meeresgetier in Coffin Bay (benannt nach einem Forscher ebendiesen Namens und nicht dem dunklen Erdmöbel Sarg) und Port Lincoln, besichtigen in Koppio ein witziges und sehr, sehr liebevoll gemachtes Museum über die Pionierzeit (samt einer stattlichen Sammlung von hunderten von verschiednen Stahldrähten, immer in der von dem Internationalen Verband der Stacheldrahtsammler vorgegebenen Standardlänge von exakt 45 Zentimetern – was man nicht alles sammeln kann….), sehen Pelikane und Seelöwen.

Aus dieser Idylle von Seebädern, grünen Wiesen und grasenden Schafen geht es direkten Weges ins Outback von New South Wales. Broken Hill muss man gesehen haben, hörten wir immer wieder. Und es stimmt. Broken Hill ist eine echte Outbackstadt. Eingerahmt von viel, sehr, viel Outback, wilden Ziegen, Känguruhs und Emus ist die Stadt die „letzte Oase“ vor der endlosen Weite. Broken Hill, heute eine noch Bergbaustadt, überrascht mit mehr Gallerien und Museen als Pubs; und es gibt einige Pubs. Und mit viel Geschichte. Und: hier ticken die Uhren wirklich anders. Und das im wahrsten Sinn des Wortes: obwohl im Bundessaat New South Wales gelegen, werden die Uhren nach der Zeit des nahen Bundesstaates South Australia gestellt. Warum, ist eine lange Geschichte und wieso, weiß eigentlich dann auch keiner mehr.

Morgen lassen wir die Zivilisation hinter uns und fahren raus. Raus ins Raus, in eine archaische Landschaft.


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  1. birdfarm team 6 Jahren ago Reply

    hey, gelungener Text, erster preis fürs letzte Bild!!!
    team birdfarm