München – Türkei

Seidenstrasse, Teil 1


Du willst auch in die Türkei? Hier geht’s zu den Reisetipps Türkei mit allen Fakten, die Du wissen musst.

16.02. – 08.03.2018

München, Mitte Januar, Freitag, 11:14 Uhr. Regen, Kälte, trübes Wetter. Den Zündschlüssel drehen, der Diesel wummert. Aufregung, Nervosität und eine unheimliches Glücksgefühl durchfahren uns. Was wird kommen? Welche Abenteuer liegen vor uns? Haben wir wirklich an alles gedacht?

Wir schauen uns an. Ein tiefer Blick und ein gemeinsamer Gedanke: Egal, jetzt geht’s los! Ok, noch einmal kurz Halten beim Bäcker für frische Brezeln und einen ofenwarmen Laib Bauernbrot – das wird es lange nicht mehr geben….

Monatelange, intensive, oft nervenaufreibende Planungsarbeit liegt hinter uns und ein lang gehegter Traum beginnt Wirklichkeit zu werden: München – Mongolei und retour. Von Westen nach Osten, immer dem Sonnenaufgang entgegen. Auf den Spuren des ersten großen Overlanders überhaupt, dem alten Venezianer Marco Polo, wollen wir dem Verlauf der alten Seidenstrasse folgen.

Los geht’s! Zum Millstätter See, Kärnten. Aber jede Reise beginnt eben mit dem ersten Schritt. Dort warten schon Hanne und Christian auf uns, alte Füchse in Sachen Overlanding: in den 80er Jahren samt Kind und Unimog durch Afrika, später Südamerika, Australien und noch vieles mehr. Wir haben uns in Neuseeland kennengelernt, die kommende Reise gemeinsam geplant und sind ab jetzt zusammen on the road.

Die Wiedersehensfreude ist groß und es ist ein schöner Anblick, Aloisius wieder neben seinem roten „Kumpel“ stehen zu sehen.

Die Grenze zwischen Österreich und Slovenien „unterqueren“ wir durch den Karawankentunnel. Auch mal eine neue Erfahrung. Je weiter wir nach Süden kommen, im Kopfkino stehen links und rechts des Weges blühende Kirschbäume, desto mehr werden wir enttäuscht. Das Wetter ist unentschlossen und sich nicht sicher, ob es noch Winter oder schon Frühling sein will. Ok, es ist ja auch erst Mitte Februar.

Als dann rechts neben Aloisius im Nebel und peitschender Gischt das blaue Meer der kroatischen Adria an uns vorbeisaust, fühlt es sich an, als wären wir schon ewig unterwegs. Ein schönes Gefühl! Wir nehmen die Küstenstraße, doch dichte Wolken und Regen lassen nur erahnen, wie schön es hier sein könnte. Die Dörfer liegen geisterhaft und winterschläfrig an den Steilküsten, lediglich in größeren Ortschaften ist ein Hauch von gemächlichem Leben zu spüren. Es scheint, als genießen die Einheimischen die Ruhe vor der jährlich wiederkehrenden Invasion sonnenhungriger Gäste. Im Moment herrscht eine zauberhafte Mischung aus Stille, Melancholie und zivilisierter Einsamkeit. Was sich jedoch regt, und zwar mit aller Kraft, ist das Wetter.

Auf einem riesigen Parkplatz – die schiere Dimension lässt erahnen, was hier im Sommer los sein mag – direkt am Hafen des verschlafenen Örtchens Senj am Fuße des Kapela Gebirges finden wir einen tollen Platz für die Nacht. Mit Blick auf das Meer, den Hafen und die Altstadt. Herrlich. Eine Gruppe älterer Herren kommt herüber spaziert, wir kommen ins Gespräch und werden eindringlich gewarnt, hier, so nah am Wasser zu parken, denn morgen früh käme die ebenso berüchtigte wie gefürchtete „Bora“, ein böiger und sehr starker Fallwind, der von den Bergen herab an die Küste “rollt“. Besser aufgehoben wären wir im Windschatten. Wir wollen es nicht glauben und bummeln lieber gemütlich durch die menschenleere Altstadt. Am frühen Morgen, es ist noch dunkel, sollten wir eines besseren belehrt werden. Der Wind hat von jetzt auf gleich eine schier unglaubliche Kraft angenommen, wie wir es selten erlebt haben. Ein kurzer Blick aus dem Fenster und es ist klar: hier müssen wir weg, und zwar sofort. Wir „verkriechen“ uns in ein halbwegs windgeschütztes Eck hinter einem leerstehenden Haus und harren der Dinge. Erst als wir erfahren, dass jene Bora mehrere Tage, gar Wochen anhalten kann, beschließen wir, trotz Wind und Wetter, weiterzufahren.

Einige hundert Kilometer südlich hat sich die Wetterlage geändert. Erst pfiff uns der Wind fast aus den Schuhen, jetzt werden wir vom nicht enden wollenden Regen pudelnass. Wir ziehen uns über, was unser Outdoor-Equipment so her gibt und stapfen bei einer Mischung aus Starkregen und Nieselregen durch die herrlichen, menschenleeren Altstädte von Sibenik, Split und Dubrovnik, die eben so einen ganz besonderen Reiz haben. Im Sonnenschein, das kann ja jeder.

Der Grenzübertritt nach Montenegro verläuft schnell und problemlos. Wir halten uns immer weiter entlang der Küstenstraße und erreichen am Ende einen wilden, einsamen und noch sehr winterlichen Strand, ein idealer Platz für die Nacht. Nach all dem Wind, Regen und Nebel hat Petrus ein Nachsehen mit uns und lässt die Sonne frei. Wir machen sofort einen langen Spaziergang am Wasser entlang, saugen jeden Sonnenstrahl auf. Am Strand findet sich alles, was das Meer über die Wintermonate angeschwemmt hat. Die baufällig wirkenden Strandkneipen, die dicht verrammelt auf die Sommersaison warten, haben einen morbiden Charme. Die Wellen plätschern sanft auf den Strand, die Sonne strahlt und am Horizont erspähen wir die immer noch schneebedeckten Berge Albaniens. Für uns ein kleines Highlight, ein unerwartet bezaubernder Fleck Erde.

Schnell sind wir in Albanien. Auch hier verläuft die Abwicklung an der Grenze schnell und problemlos. Wir haben – um ehrlich zu sein – keinerlei Vorstellungen von diesem Land. Albanien, ebenso wie Montenegro, sind touristisch kaum erschlossen, aber gerade das macht den Reiz aus. Mal abgesehen von den Unmengen Müll, der in erschütterndem Ausmaß kreuz und quer und überall in der Landschaft liegt oder Plastiktüten, die, an Büschen verheddert knisternd im Wind flattern.

Der Besuch der albanischen Hauptstadt, Tirana, überrascht uns positiv. Tirana ist zwar nicht schön im klassischen Sinn, beeindruckt aber mit seiner lebendigen und quirligen Atmosphäre. Die Menschen sind äußerst hilfsbereit, zuvorkommend und viele suchen das Gespräch mit uns. Was wir hier machen? Tirana besuchen. Der Glanz in ihren Augen ob der Freude, dass sich jemand für „ihre“ Stadt, „ihr“ Land Zeit nimmt, ist schön zu sehen. Die Mischung aus Sovjet-Architektur, Farbenfreude und quirliger Aufbruchstimmung fasziniert uns.

Wir stehen kurz vor der griechischen Grenze, haben gut geschlafen, schauen aus dem Fenster und können es kaum glauben. Wir sind eingeschneit. 30 cm Neuschnee. Der Winter ist zurück, mit voller Wucht. Muss denn das sein? Hier, dachten wir, blühen jetzt die Mandelbäume… So lassen wir wetterbedingt unseren geplanten Abstecher nach Chalkidiki, den drei fingerartigen Landzungen, weg, stürzen uns stattdessen ins Getummel der zweitgrößten Stadt Griechenlands, nach Thessaloniki. Und sind beeindruckt. Sind es die entspannten Griechen, die uns begeistern? Ist es die Mischung aus Jahrtausenden alten kulturellen Zeitzeugen inmitten uncharmanter, durchschnittlicher Apartmentblocks aus den 60er Jahren? Ist es das köstliche griechische Essen? Oder gar die Sonne, die endlich scheint? Ist es die alltägliche Betriebsamkeit in einer Jahreszeit, in der die Einheimischen quasi unter sich sind?

Unser Weg führt uns weiter Richtung – klar – Osten. Viel sehen wir nicht. Aus dem Schnee sind tiefhängende Wolken geworden. Aus denen es immer wieder kräftig regnet. Wir bummeln durch kleine Küstenstädte wie Kavala und Alexandroupoli, in denen die Highlights nicht Kirchen oder Museen, sondern das lebhafte Treiben, lachende Menschen und nette Cafés sind. Wo die Gemüsehändler bis spät abends ihre Waren feilbieten, wo Fischerboote an- und ablegen, wo Männer rauchend in den Tavernen sitzen und wild gestikulierend Backgammon spielen.

Und schwups, da sind wir schon in der Türkei. War die Einreise nach Griechenland zeitintensiv und mühselig – Aloisius musste durch den Scanner, wir danach von Pontius zu Pilatus laufen, um diverse, nicht verständliche Papiere mit noch unverständlicheren Stempeln bestempeln zu lassen, die dann wiederum vom „Commandante“ abgesegnet werden mussten, – so geht die Ausreise umso schneller.

Wir steuern die Gallipoli-Halbinsel an und die südöstlich davor gelegenen Dardanellen, jene Meeresenge, an denen sich während des Ersten Weltkrieges ein blutiges Drama ereignete, bei dem sich Türken, Franzosen, Britten, Australier und Neuseeländer einen sinnlosen und mörderischen Stellungskrieg lieferten, den letztlich die Türken für sich entschieden. Wer Australien oder Neuseeland bereist, wird unweigerlich mit dem „ANZAC-Day“ konfrontiert, dem traurigen Gedenktag jener traumatischen Militäraktion. Im Gegensatz zu den siegreichen Türken, die den Tag des Sieges bis heute mit allem Brimborium feiern. Für uns, nach all den Reisen durch Australien und  auch Neuseeland, schließt sich jetzt also gewissermaßen ein geschichtlicher Kreis.

Nach kurzer Fährüberfahrt – immerhin hinüber auf den asiatischen Kontinent –  tauchen wir in das trubelige Leben einer türkischen Kleinstadt ein. Eigentlich wollten wir nur kurz ein paar Kleinigkeiten besorgen, aber Çanakkale gefällt uns so gut, dass wir eine Nacht bleiben. Wir besorgen uns ein türkisches Internet-Modem (durchaus eine Herausforderung) , kaufen köstliche frische Backwaren (durchaus ein Genuss), genießen klassischen Döner (durchaus sehr lecker) und man(n) lässt sich beim Barbier auf bekannt türkische Art verwöhnen (durchaus gewöhnungsbedürftig, wenn einem ein brennendes Feuerzeug ins Ohr gehalten wird).

Gestärkt, frisch rasiert und mit frischen Lebensmitteln bestückt geht es weiter. Bursa ist unser nächstes Ziel. Mit knapp drei Millionen Einwohnern immerhin viertgrößte Stadt der Türkei. Die knapp 200 vor Christus gegründete Stadt, als Geburtsstätte des osmanischen Reichs als UNESCO-Weltkulturerbe gelistet, hat einige interessante Sehenswürdigkeiten zu bieten, außerdem wurde hier der türkeiweit berühmte Iskender Döner, eine Variante des bekannten Döner Kebap, erfunden. Mit dem wollen wir uns nach der Besichtigungstour natürlich stärken – doch soweit sollte es nicht kommen… Mehr dazu im nächsten Bericht.


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  1. Karin & Manfred 6 Jahren ago Reply

    Hallo ihr zwei, schöner Bericht. Wir sind gespannt wie es weitergeht. Evtl wollen wir in 2019 auch in Richtung Osten aufbrechen. Liebe Grüße von / Karin & Manfred / http://www.die-ausreiser.de

  2. team birdfarm 6 Jahren ago Reply

    Hi, tolle Schrift, tolles Bild, aber wir hörten, ihr wollt weniger schreiben? Trotzdem immer wieder schön eure Berichte zu lesen und natürlich die Bilder zu betrachten.

    Alles Gute und gute Weiterfahrt, Grüsse Team birdfarm aus Honduras

  3. Niki 6 Jahren ago Reply

    Das eine Photo (Nr.3 nach dem letzten Textabsatz) sieht fast wie Venedig aus. Sehr schöne Photos!

    Weiterhin gute Fahrt wünschen

    Eure Haidhauser

  4. Doris 6 Jahren ago Reply

    Schön, dass es wieder interessante Berichte von Euch zum Lesen gibt! Die Schlechtwetterbilder vom Südosten Europas gefallen mir sehr gut – wie Ihr sagt, „Sonne kann jeder“. Die menschenleeren Straßen und Plätze im Regen haben tatsächlich einen besonderen Reiz. Aber ich denke, jetzt reicht’s und ich wünsche Euch für die weitere Fahrt viel Sonnenschein!